Unternehmensrisiken durch disruptive Kräfte der MDR
Die eingangs genannten klinischen Anforderungen der MDR sind für Medizinproduktehersteller hohe und unvermeidbare Unternehmensrisiken. Denn anders als forschende Pharmaunternehmen beschäftigen Medizinproduktehersteller häufig kein eigenes Fachpersonal (z.B. Ärzte), dass den von der MEDDEV 2.7/1 rev. dargelegten Facharztstandard erfüllt.
Disruption bezeichnet einen Umbruch/ eine Veränderung. Aufmerksamkeit für diesen Begriff wurde erstmals durch Clayten 1997 mit der Vorstellung seiner „theory of disruptive innovation“ erzeugt.  Die Einführung der MDR  bedeutet zweifelsohne ebenfalls eine Disruption für Unternehmen in den betroffenen Märkten. Durch einen Markteingriff in Form eines EU-Gesetzes werden die am Markt teilnehmenden Unternehmen zu neuartigem  Handeln gezwungen.
Im Gegensatz zu anderen externen Disruptionen, wie etwa die Finanzkrise 2007 oder die Corona-Krise 2020, konnten und können sich Unternehmen auf das Inkrafttreten des Gesetzes vorbereiten. Die Folgen für die Unternehmen unterscheiden sich dabei von der Art und der Tiefe des Eingriffs in ihr Unternehmen. Die Disruption, die die Einführung des MDR mit sich bringt, verändert die Prozesse der Produktion eines Produkts und der Produktinnovation während zugleich durch den Mehraufwand höhere Kosten hinzukommen. Durch den Eingriff der Europäischen Union werden disruptive Kräfte ausgelöst, die die Sicherheit von medizinischen Produkten verbessern sollen.
SWOT-analytisch kann man dieses MDR-Markrisiko den Stärken und Schwächen des Unternehmens gegenüberstellen. Dabei fällt ins Auge, dass Unternehmen mit der Schwäche, die klinischen Anforderungen der MDR an Qualität und Qualifikation nicht zu erfüllen (Tabelle 1), die Unterbrechung ihrer Wertschöpfungskette bis hin zum Ausscheiden aus dem Markt droht. Der jedes Unternehmen treffende Zwang der MDR zum klinischen Nachweis der Evidenz der Wirksamkeit von Medizinprodukten ist damit ein disruptiver regulatorischer Eingriff in den Markt, der zur Marktbereinigung führt (Gans, 2016).